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Breisach
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Klare Linien für die „Figur der Stadt“ – Was passiert auf Breisachs ehrwürdigem Münsterberg?

Neu, umdrapiert und mit Satteldach: Bauprojekt an der Kettengasse (Bild: Fischer/ TreuBau AG)

Neben dem Dauerthema Verkehrskonzept Innenstadt beschäftigt die Stadt Breisach seit geraumer Zeit die zukünftige Gestaltung ihres Wahrzeichens, des Münsterberges. Anstoß hierzu hatte das geplante Bauvorhaben der Freiburger TreuBau AG in der Kettengasse gegeben, das nach massiven Bürger/Innenprotesten letztlich von der Denkmalschutzbehörde in der zunächst angedachten Form abgelehnt wurde. Mit einem komplett überarbeiteten Konzept und ersten Ansätzen für einen verbindlichen Gestaltungsplan für die Oberstadt traten am Mittwoch, den 27. April 2011, Breisachs Bürgermeister Oliver Rein, Bauamtsleiter Stephan Baum und die Architekten Professor Klaus Humpert und Michael Fischer vor die Presse. 

„Die Stadt sollte eine klare Linie vorgeben“, so Breisachs Bürgermeister Oliver Rein zu Beginn des Pressegespräches zur Zukunft von Münsterberg im Allgemeinen und Kettengasse im Speziellen. Diese „klare Linie“, so Rein weiter, wolle er unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und mit Unterstützung der Spezialisten von der Denkmalschutzbehörde, Dr. Bertram Jenisch und Dr. Elmar Roth, „wild bestrebt“ erarbeiten. Um auch einen Experten in den eigenen Reihen zu haben, hatte die Stadtverwaltung vor zwei Wochen einen weiteren ausgewiesenen Experten ins Gestaltungsboot geholt: Professor Klaus Humpert, Spezialist für mittelalterliche Stadtplanung und von 1970 bis 1982 Stadtbauamtsleiter in Freiburg. Der Neugestalter der Freiburger Konviktstraße hatte in den 90er Jahren umfangreiche Forschungen zu Grundrissen mittelalterlicher Städte, darunter auch Breisach, betrieben und dabei festgestellt, dass schon um 1100 Städte nach exakten Plänen gebaut wurden, deren Gestaltungskriterien sich auch in der Malerei des Mittelalters wieder finden.
 
Leichte Biegung macht Charakter
 
„Die mittelalterliche Stadt hat sich erledigt“, so Professor Humpert über die Breisacher Oberstadt, die erstmals während der Französischen Revolution 1793 und ein weiters Mal kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges nahezu komplett zerstört worden war. Im Gegensatz zur mathematisch genau geplanten Stadt des Mittelalters, der gestalterischen „Schwester“ von Bern, ist in der Breisacher Oberstadt nach den Zerstörungen über Jahrzehnte eine gewachsene „Gartenstadt“ entstanden, so Humperts Bestandsaufnahme. Zukünftig gelte es zu entscheiden, ob man die Stadt weiter organisch wachsen lasse oder gezielt planerisch eingreifen wolle, erläuterte Humpert weiter. Im Falle einer Gestaltungsvorgabe ist es aber nach Meinung des Professors wenig sinnvoll, sich in pseudo- historistische Details zu verstricken. Vielmehr gilt es, die „Figur der Stadt“, ihr Rückgrat, wieder zu stärken. Das Rückgrat der mittelalterlichen Stadt sind Baufluchten, die leicht gebogenen Linien entlang der Straßen und Gassen, die es nach Humpert zu erhalten beziehungsweise wieder herzustellen gilt. Dazu müssten neue Gebäude entlang der Baulinien und nicht in die Grundstücke zurückversetzt gebaut werden, so der Architekt. In Bezug auf die Baukörper selbst, bezeichnete Humpert kubische Bauformen wie Flachdachhäuser oder zu hohe Gebäude als unpassend für den Münsterberg, die „Identitätsstelle“ der Stadt. „Die Lösung liegt nicht im Detail, aber Ausreißer gehen meistens in die Hose“, so der Fachmann, der aber nochmals ausdrücklich vor zu kleinteiligen Vorschriften warnte.„Maßvoll eine Linie vorgeben“, fasste Bürgermeister Rein den Vortrag des Freiburger Stadtplaners a. D. zusammen. Denn der Oberstadt, in der mit Münster, Rathaus, Festspielen, Schule und Amtsgericht „noch Leben herrscht“, soll, so Rein, ihre Attraktivität für die Bewohner wie ihre Qualität als grüne Lunge erhalten bleiben.„Wir schieben einen Prozess an“, betonte der Bürgermeister das Stadium, an dem sich die Stadt in Sachen Gestaltuungsplan im Augenblick befindet. In Anbetracht vieler baulicher Veränderungen, die aufgrund des Alters zahlreicher Gebäude auf dem Münsterberg absehbar sind, ist das Ergebnis dieses Prozesses von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit für das zukünftige Gesicht der Stadt.Weniger deutlich als die Charakteristika der Architektur des Mittelalters wurde allerdings, inwieweit die Breisacher Bevölkerung mit in den Planungsprozess einbezogen werden soll. Von Info- Veranstaltungen für alle Bürger/Innen bis zur Bildung von Arbeitsgruppen unter Einbeziehung von Bürgern, „die von der Materie etwas verstehen“ (Rein) und Einwohnern (beide m/w) der Oberstadt ist die Rede. Während der Bürgermeister der Beteiligung von qualifizierten Breisachern/Innen den Vorzug vor einer BürgerInnenvollversammlung gibt, betonte Humpert vor allem die Wichtigkeit der Einbeziehung der rund 250 Anwohner/Innen des Münsterberges. Bisher, so Stephan Baum zum bisherigen Stand der Dinge, habe man eine Bestandsaufnahme gemacht, eine Baulückenuntersuchung durchgeführt und eine To- Do- Liste zusammen mit Denkmal- betiehungsweise Landratsamt erarbeitet. Als nächstes, so auch der Vorschlag von Professor Humpert, solle zur besseren Veranschaulichung ein 3D- Modell der Oberstadt angefertigt werden. Ein solches wird es wohl auch für die zwie geplanten Wohnhäuser an der Kettengasse geben.
 
Alles neu macht der Mai - Bauvorhaben Kettengasse
 
Stein des Anstoßes für den Gestaltungsplan Münsterberg war und ist ein von der TreuBau AG Freiburg projektierter Wohnkomplex an der Kettengasse. Die beiden in Anlehung an den Bauhaus- Stil konzipierten gläsernen Wohnkuben waren bei vielen Breisachern/Innen auf wenig Gegenliebe gestoßen. Nach einer Unterschriftenkampagne einer eigens gegründeten Bürgerinitiative waren die zwei Wohngebäude letztlich auch beim Denkmalamt durchgefallen.Ein völlig neues Konzept präsentierte nun der völlig neue Breisacher Architekt Michael Fischer, den die TreuBau AG zum Zwecke der Neuplanung völlig neu beauftragt hatte. Fischer hat in der Europastadt bereits Projekte wie die „Wohnvilla“ am Neutorplatz sowie Wohn- und Geschäftshäuser an der Kupfertorstraße realisiert.„Der ist hier bestens daheim“, so das Argument des Freiburger Baukonzerns für den Breisacher Architekten, der in der Tat auf dem Münsterberg daheim ist.Die neue Bauvariante sieht zum einen einen völlig neuen Haustyp vor. Statt der modernen Wohnwürfel kommen die zwei Gebäude nun mit einem stilistisch unbedenklichen Satteldach mit 40° Neigung und wesentlich kleineren Fenstern daher. Die Kröte mit dem Wohnflächenverlust von rund 100 m² hatte die TreuBau AG zwangsläufig geschluckt. Auch eine deutlich niedrigere Traufhöhe von lediglich 6 Metern nimmt der Bauträger nun billigend in Kauf. Allein die Firsthöhe bleibt bei stattlichen 11 Metern. Von drei Vollgeschossen schrumpfen die Gebäude auf zwei plus Dachgeschoss zusammen. Damit der Blick von Unten auf den Radbrunnen, Teil der typischen Silhouette des Münsterberges, gewährleistet bleibt, kommt die zweite Veränderung ins Spiel: Der Grundstückstausch. Statt wie bisher beabsichtigt, die zwei Wohnhäuser auf dem von der Stadt erworbenen Grundstück nebeneinander zu setzen, soll nun die eine Hälfte des Grundstückes dem Theresianum als zusätzlicher Schulhof zur Verfügung stehen und damit unbabaut bleiben. Lediglich der Grundstücksteil an der Ecke Kettengasse/ Pforrgasse wird mit einem Gebäude bebaut. Und auch hier bleibt der bisher unbebaute und archäologisch interessante Grundstücksteil  direkt an der Pforrgasse gebäudefreie Gartenfläche. Das zweite Haus wandert nun planerisch auf den Spielplatz unterhalb des eigentlichen Baugrundstückes, der bisher der Stadt gehört und dem Theresianum als Mini- Sport- und Spielplatz dient. Durch den Tausch der Grundstücke bekommt das Theresianum nun einen einheitlichen Schulhof und auch die befürchtete Sicherheitsgefährdung der Schüler/Innen durch den neuen Anlieger/Innenverkehr in die Tiefgarage der Wohnhäudser wäre so vorgebeugt, strich Bürgermeister Rein die Vorteile für Stadt und Grundschule heraus. Es sei zudem, so der Bürgermeister, eine „einmalige Chance“ aus dem dreigeteilten, auf mehreren Ebenen befindlichen Schulhof nun eine neue flächenmäßige Einheit zu machen. „Die Schule wird zur Zeit über eine Nadelöhr erschlossen“, betonte auch Architekt Michael Fischer. Dieser Zustand fände mit dem Grundstückstausch, der allerdings noch vom Gemeinderat zu beschließen ist, endlich ein Ende. Lediglich Experte Klaus Humpert mochte in den allgemeinen Begeisterungschor nicht vollends einstimmen. Der einmalige Ausblick nach Westen, so der Professor, sei durch den Gebäudequerriegel verloren. Und auch den dann gewissermaßen von Wohngebäuden eingerahmten Schulhof sah der ehemalige Freiburger Planungsamtsleiter nicht unkritisch. Eventuelle Beschwerden wegen Kinderlärms und erforderliche Lärmschutzmaßnahmen sollten im Vorfeld abgeklärt werden, riet Humpert. Was die gestalterische Seite anbelangte, freute sich der Mittelalterfachmann über Fischers Änderungen hinsichtlich der Gebäudeplatzierungen auf dem Grundstück. Getreu der „Raumfiguren- Theorie“ werden diese direkt an die Straßen gesetzt.Bei den jetzigen Vorentwürfen, betonte der Bürgermeister, handele es sich um einen „Erstaufschlag“, der nun in erster Linie die Hürde im Gemeinderat nehmen müsste. Hier soll die Entscheidung über den Grundstückstausch bereits im Mai auf den Tisch kommen. Natürlich müssten auch mit der Schulleitung und der Bürgerinitiative noch weitere Gespräche geführt werden, so Rein. Vom Landrats- und Denkmalamt sei für die neuen Pläne jedoch bereits ein klares O.K. gekommen.
Mit einem neuen Bauantrag vor dem Ratsgremium rechnet Bauamtsleiter Stephan Baum vor der Sitzungspause im Sommer.Als Trostpflaster für den verlorenen öffentlichen Aussichtspunkt gen Westen stellte Oliver Rein eine eventuelle Verlegung des unterhalb des Noch- Spielplatzes gelegnen Lehrerparkplatzes in Aussicht. Schöne Aussichten?!
Autor:  Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 4213 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 28.04.2011 17:14.

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Hinterm Bauzaun bald Schulhof? Links Grundschule Theresianum (Bild: J. W. Steckmeister)  

Ausblick soll Haus weichen- Tauschgrundstück unterhalb des Bauplatzes (Bild: J. W. Steckmeister)  

Radbrunnenansicht bleibt erhalten, auch wenn hinterm Zaun gebaut wird (Bild: J. W. Steckmeister)  

Letzte öffentliche Aussichtsmöglichkeit? Lehrerparkplatz des Theresianums (Bild: J. W. Steckmeister)  

Neues auf dem Münsterberg: Höhenprofil mit geplantem TreuBau- Neubau (Haus 1) (Bild: Fischer/ TreuBau AG)  
 
 

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