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SPD

Bauer statt Bayer - Dokumentarfilmzeit mit der SPD- Breisach

Dokumentarfilmzeit mit der SPD- Breisach (Bild: SPD)

Statt der augenblicklich allgemein üblichen Wahlkampfveranstaltungen, hatte die SPD- Ortsgruppe Breisach am Donnerstag, den 17. Februar 2011, zur Dokumentarfilmzeit eingeladen. In den Breisacher Engel-Lichtspielen war der Wahlkreiskandidat der SPD, MdL Christoph Bayer, also nicht Protagonist sondern einer der rund 60 Interessierten, die sich mit dem bewegten Leben des Juristen Fritz Bauer auseinandersetzen wollten. Der Dokumentarfilm „Tod auf Raten“ erzählte eindrücklich vom Leben und Wirken des jüdisch- stämmigen deutschen Juristen, der sich in der Nachkriegszeit vehement gegen Vertuschen und Verdrängen der Nazi- Unrechtsherrschaft einsetzte. 

Neben dem Landtagskandidaten für den Wahlkreis 48, MdL Christoph Bayer, waren für die SPD- Gemeinderatsfraktion deren Vorsitzender Lothar Menges und Willi Ingenhoven als Gastgeber ins Kino gekommen. Fachliche Unterstützung hatte man sich mit den Juristen Dr. Ulrich Sartorius und Dr. Wilhelm Güde, dessen Vater, der Jurist Max Güde, ein Freund Bauers gewesen war, geholt.
Nachdem Lothar Menges sich bei den Mitveranstaltern bedankt hatte, führten die Juristen Sartorius und Güde in die sperrige wie unbequeme Thematik des Filmes und des Lebens von Fritz Bauer ein.
Der Jurist Jahrgang 1903, der im Jahre 1920 in die SPD eintrat und 1930 zum jüngsten Gerichtsassessor im deutschen Reich ernannt wurde, floh drei Jahre nach Hitlers Machtergreifung erst nach Dänemark und später ins schwedische Exil. Hier gründete er mit Herbert Ernst Karl Frahm, besser bekannt als Willy Brandt, die Zeitschrift „Sozialistische Tribüne“.
1949 kehrte Bauer nach Deutschland zurück und wurde im Jahre 1956 in das Amt des hessischen Oberstaatsanwaltes berufen, das er bis zu seinem Tod im Jahre 1968 innehatte. Bereits 1952 begann Bauer mit dem so genannten Remer- Prozess seinen juristischen Kampf gegen Unrecht, Unbelehrbarkeit und Vertuschung. Otto Ernst Remer, der unter anderem an der Niederschlagung des Aufstandes gegen Hitler am 20. Juli 1944 mitgewirkt hatte, hatte in den Nachkriegsjahren die nationalsozialistische SRP gegründet und unter anderem die Attentäter des 20. Juli öffentlich als „Landesverräter“ bezeichnet. Bauer erreichte nicht nur Remers Verurteilung und in deren Folge das Verbot der SRP, sondern auch die offizielle Rehabilitation der Attentäter rund um Stauffenberg. In den 60er Jahren war es Fritz Bauer, der dem israelischen Geheimdienst Mossad den Aufenthaltsort des „Bürokraten des Holocaust“ Adolf Eichmann nannte, da er befürchtete, das in der BRD kaum Interesse an einem Prozess gegen den Organisator des Massenmordes bestand. Bauers Befürchtungen sollten sich fast 40 Jahre nach seinem Tod als begründet erweisen: Aus 2006 freigegebenen CIA- Akten ging hervor, dass dem Bundesnachrichtendienst bereits 1958 der Aufenthaltsort Eichmanns in Argentinien bekannt war.
„Wenn ich mein [Dienst-]Zimmer verlasse, betrete ich feindliches Ausland“, so Fritz Bauer über seine schwierige Stellung im Deutschland der 50er und 60er Jahre, einer Zeit, in der man sich lieber dem Wirtschaftswunder, dem Schlager und dem Heimatfilm widmete, als mit der unrühmlichen Vergangenheit konfrontiert zu werden.
Dennoch kämpfte Fritz Bauer unermüdlich weiter, initiierte im Jahre 1963 die Frankfurter Auschwitzprozesse, die erst im Jahre 1981 abgeschlossen wurden. Im Jahr 1968 starb Fritz Bauer mit erst 65 Jahren an Herzversagen. Bis heute aber ranken sich Spekulationen um den Tod des unbequemen Juristen.
Der Film, der neben eindrücklichen Interview- Szenen mit Fritz Bauer auch zahlreiche Zeitzeugen hatte zu Wort kommen lassen, hatte den Zuschauern/Innen zunächst einmal ein wenig die Sprache verschlagen. So schien es zumindest, als Dr. Christiane Walesch- Schneller vom „Blauen Haus“ zur anschließenden Diskussion einlud. „Wo wären wir ohne Bauer“, so die Vorsitzende des Fördervereins ehemaliges Jüdisches Gemeindehaus Breisach, die es „erschreckend“ fand, das so viel von einem einzigen Menschen abhängt.
Ein Zuschauer stellte die Frage in den Raum, ob nicht erst durch die Filmreihe „Holocaust“ Ende der 70er Jahre bei den Deutschen das Entsetzen über die eigene Vergangenheit wirklich Einzug gehalten hätte. Welche Rolle die von Eduard Dreher, der bereits während der NS- Zeit als Jurist tätig war und im Nachkriegsdeutschland übergangslos Kariere im Bundesjustizministerium machte, in den 60er Jahren angestoßenen Gesetzesänderungen unter anderem zur Verjährungsfrist bei Beihilfe zum Mord gespielt hätten, wurde bei den Juristen Güde und Sartorius angefragt. Das Gesetz, so Güde, sei im Zuge der Änderungen im Ordnungswidrigkeitengesetz quasi durch die Hintertür gekommen, so Güde. Damit seinen viele Nazi- Straftaten bereits vor Beginn der Auschwitz- Prozesse verjährt gewesen. Güde betonte aber auch, dass Bauer in seiner Zeit trotz der großen Neigung in der Bevölkerung „Gras über die Sache wachsen zu lassen“ eine umstrittene aber respektierte Persönlichkeit gewesen war. Bedauerlich fanden es alle Anwesenden, dass sich kaum jüngere Leute in die Engel- Lichtspiele verirrt hatten. Denn gerade Fritz Bauer war es ein Anliegen gewesen, die kommenden Generationen sensibel für aufziehendes Unrecht zu machen.
Mal Wissen statt Wahlkampf: Eine gute Idee der Breisacher SPD!
Autor:  Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 3850 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 18.02.2011 11:19.

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