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„Puller- Alarm“ in Breisach – Toilettengesetz lässt Fragen offen

Einem WC ist es egal: Bier, Wasser oder Wein - es kommt "auf´s Selbe raus" (Image: J. W. Steckmeister)

Vor dem Körper sind alle Flüssigkeiten gleich. Was der Organismus aufnimmt und nicht braucht, wird über Haut, Atemluft und Harnwege wieder ausgeschieden. Insgesamt rund 2 Liter Flüssigkeit sondert der menschliche Durchschnittskörper, der zu rund 60% aus Wasser besteht, auf diese Weise wieder ab. Einen Teil davon über die Harnwege, gemeinhin auf einer Toilette. Vor dem Gesetz jedoch wird zwischen unterschiedlichen eingenommenen Flüssigkeiten eine klare Grenze gezogen, die des Alkoholgehaltes. Während für den Ausschank alkoholhaltiger Getränke eine Toilette nachgewiesen werden muss, kann Nichtalkoholisches auch ohne diesen Nachweis angeboten werden. Das verstehe, wer mag… 

Vor einer Art kloloser Ausschankschwämme im Bereich Markt- und Heinrich- Ulmann- Platz warnte auf der Sitzung des Breisacher Bauausschusses vom Dienstag, den 10. Mai 2011, Bürgermeisterstellvertreter Jörg Leber (CDU). Anlass dazu waren die Anträge eines Bio- Marktes am Marktplatz und eines Kiosks an der Rheinstraße, Sitzmöglichkeiten im Außenbereich der jeweiligen Geschäfte zu etablieren, die dem technischen Ausschuss vorgetragen wurden. Leber beklagte, dass die potentiellen Kunden besagter Geschäftsinhaber/Innen die jeweils in der Nähe gelegenen öffentlichen Toiletten am Anker- beziehungsweise Heinrich- Ulmann- Platz nützen würden, falls Bio- Saft oder koffeinhaltige Limonade ihnen auf die Blase drückten. Die Ladenbesitzer (m/w) hätten das Geschäft mit den Getränken, die Stadt hingegen die Kosten mit dem „Geschäft“, der Reinigung der Toilettenanlagen nämlich.
Bürgermeister Oliver Rein vermochte Leber keinen Ausweg aus dem Urin- Dilemma aufzuzeigen. Von Gesetzes wegen sind weder Kiosk- Betreiber noch Bioladen- Inhaber verpflichtet, für das Angebot von Sitzmöbeln, an denen nichtalkoholisches verzehrt werden kann und darf, auch ein WC zu unterhalten. Warum dies so ist, kann sicherlich – wenn überhaupt – nur ein Jurist (m/w) begründen. Ein Biologe (auch m/w) wird bereits hier, wie auch der Normalstadtrat oder die Normalbürgerin an seine/ihre Grenzen stoßen. Harn ist Urin ist Pipi?!
Noch verworrener allerdings wird die Rechtslage, wenn man vom Kiosk am ehemaligen „Park Cafe“ - eventuell auf der Suche nach einem alkoholhaltigen Getränk - Richtung Schiffsanleger bummelt. Wie eine Oase in der wüsten Welt von Sanddornsaft und Zitronenlimo erscheint dem Rettungssuchenden (m/w) der Weinbrunnen am Rheinufer. Und wie der Name nahe legt, an der Stätte gepflegter Gastlichkeit mit Blick auf Vater Rhein, lässt es sich nicht nur trefflich auf Fluss und Kreuzfahrtschiffe gucken, sondern beim Plausch mit Freunden/Innen kann auch noch eine zweifelsfrei alkoholhaltige Weinschorle, ein spritziger Sekt oder – aller Weinbrunnenhaftigkeit zum Trotz – auch ein leckeres Bier getrunken werden. Nur wen die Blase drückt, der stößt alsbald auf handfeste Probleme, denn eine Toilette sucht man am Weinbrunnen vergeblich. Das himmelblaue Dixi- Klo ist allein dem Personal vorbehalten, und wirklich lecker ist so ein chemischer Plastikknast ohnehin nicht. Also muss ein Toilettengang gut geplant werden, denn die nächste Anlaufstelle für überfüllte Blasen sind die städtischen WCs auf dem Heinrich- Ulmann- Platz. Zu Fuß rund fünf Minuten weit. Wer zu spät geht, den bestraft das Leben! Ein weiteres Problem ereilt den zu ausdauernden Trinker (m/w), denn während der Weinbrunnen an schönen Abenden auch mal bis 22 Uhr zum Verweilen einlädt, werden die öffentlichen Toiletten pünktlich um 20 Uhr geschlossen. Auch hier empfiehlt sich also weitsichtiges Vorgehen in Form von Vorpinkeln. Wenn das nur so einfach wäre!
Die Herren der Schöpfung entfliehen weitsichtigen Planungen und langen Spaziergängen. Sie nutzen die Rasenfläche rund um das DLRG- Vereinsheim, um sich zu erleichtern. Fraglich allerdings, ob die „Wasserrettung“, Kerngeschäft der DLRG, so verstanden werden darf. Frauen und diskretere Männer müssen entweder über ihren Schatten springen und sich auch hinter dem DLRG- Büdchen tummeln, oder einen wiederum rechtzeitig ein zukalkulierenden Spaziergang Richtung Möhlinbrücke machen. Hier laden zeckenlastige Schutzbüsche zum ungestörten „Puller- Alarm“.
Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, für die Ausschankbetriebe rund um den Heinrich- Ulmann- Platz eine Gesamtlösung zu suchen. Verlängerte Öffnungszeiten des öffentlichen WCs, eine vernünftige Beschilderung ab Weinbrunnen und eine Unkostenbeteiligung der Ausschankinhaber/Innen an Toilettenreinigung samt verlängerter Öffnungszeiten. Die Verantwortung des rechtzeitigen Loslaufens Richtung Toilettenanlage samt Überwindung des inneren Schweinhundes, den ach so weiten Weg zu machen, bliebe natürlich auch dann an den Gästen hängen. Vielleicht ein Preis, den man für schöne Stunden am Rhein mit Bier und Wein von allen erwarten kann.
 
 
Author:  Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Article No. 4305 ISSN 2698-6949)

Created on 5/11/2011 5:58 PM.

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