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Breisach
Dienstag, 30. April 2024
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Zarte Annäherung – Vertreter der Naturschutzverbände im Gespräch mit der BI für verträgliche Retention

Bleiben umstritten: "Ökologische Flutungen" im Polder Breisach- Burkheim (Bild: BI für verträgliche Retention)

Bis vor kurzem herrschte zwischen der Bürgerinitiative für verträgliche Retention Breisach/ Burkheim e. V. und den Naturschutzverbänden BUND und NABU Funkstille. Bei einem Gespräch, das am Montag, den 23. Mai 2011, im Breisacher Rathaus stattgefunden hat, legten nun erstmals nach langer Zeit des Schweigens Vertreter von BI und Naturschutzverbänden ihre Positionen gemeinsam dar. Zumindest was den geplanten Querdamm im Rückhalteraum Breisach- Burkheim betrifft, gab es bei Naturschützern und Bürgerinitiative eine zarte Annäherung. Was jedoch die „ökologischen Flutungen“ betrifft, scheinen die Ansichten weiterhin unversöhnlich. 

 

Während der für den Polder Burkheim vorgesehene Querdamm mit vier Durchlassöffnungen in der Größe von Einfamilienhäusern für die Mitglieder der BI „unvorstellbar“ ist, so ihr 1. Vorsitzender Lothar Neumann, schwankten die Vertreter der Umweltschutzverbände in ihrer Sicht auf den Riesenerdwall.
„Es gibt schon Sachzwänge“, so Dr. Frank Baum vom BUND über die Notwendigkeit eines ausreichenden Rückhaltevolumens. Außerdem, so das Vorstandsmitglied im BUND Regionalverband südlicher Oberrhein, „bleibt der Querdamm Natur, begrünter interessanter Lebensraum“.
Etwas weniger Begeisterung für den Damm aber ebenfalls Bedenken wegen des ohne Damm wegfallenden Stauraumes äußerte Dr. Jörg Lange vom Arbeitskreis „Regiowasser“ in Freiburg. Er betonte, dass er den Damm nur befürworte, wenn er rechnerisch notwendig sei.
Beiderseitiges Einvernehmen gab es in Bezug auf die von der BI geforderten Fließpolder, die (Wieder-)öffnung und den Anschluss bestehender, teils trocken gefallener Wasserläufe an das bisherige Schlutensystem. „Die Schluten müssen ausgebaggert und vernetzt werden“, bestätigte auch BUND- Vorstand Baum. Damit hatten sich dann die Gemeinsamkeiten aber auch erledigt.
 
Sinnvolle Gesprächsebene suchen
Die Mitglieder der BI für verträgliche Retention, so Breisachs Bürgermeister Oliver Rein zur Einstimung in den Gedankenaustausch, seien „Interessenvertreter von Mensch und Natur“, die für ihre Anliegen bei Politikern „aller Couleur“ stets viel Verständnis erfahren hatten. Allein am Verständnis der Umweltschutzverbände mangelt es der BI bislang. Keine Zerstörung eines bestehenden, wertvollen Ökosystems und Naherholungsraumes, keine Verschlammung der Quelltöpfe und Schluten durch stehendes Wasser und kein „unsäglicher Querdamm“ fasste Breisachs Bürgermeister die Interessen der BI, die mit Lothar Neumann, Lothar Menges und Karl- Anton Hanagarth vertreten war, zusammen. Als „salomonischen Vorschlag“ bezeichnete Rein den Polder „Kulturwehr- Breisach“, der nach Fertigstellung zum einen Teil durchschnittlich 25 Tage im Jahr geflutet wird, zum anderen nicht. Mittels eines vergleichenden fünfjährigen Monitorings werden die Ergebnisse der Landschaftsveränderungen festgehalten. Thema des heutigen Gespräches sollte allein der Stauraum Breisach- Burkheim sein, für den noch keine endgültige Planung beschlossen ist. Hier gelte es zwischen Naturschützern und Vertretern der BI (m/w) eine „sinnvolle Gesprächsebene“ zu suchen, betonte Rein.
 
Der Aspekt Mensch
Eine „Synthese aus Hochwasserschutz und Erhaltung der Situation vor Ort“ wünschte sich Vogtsburgs Bürgermeister Gabriel Schweizer. Hierzu erhoffte er sich von den Naturschützern eine größere Berücksichtigung des „Aspekts Mensch“, der die bestehende Landschaft zum einen als Naherholungsraum nutzt und in den angrenzenden Gebieten seit der Rheinbegradigung Landwirtschaft betreibt. „Der Burkheimer Wald ist einer der artenreichsten der Region“, schwärmte Schweizer von der bestehenden Situation. Er wünschte sich einen „aueorientierten Wald“ mit Anteilen für Mensch und Natur in dem Letztere die Chance hat sich selbst zu verändern. Eine Art zweites „Taubergießen“. Schweizer forderte, analog zu den Mitgliedern der Bürgerinitiative, zudem eine eins zu eins Entschädigung der von den möglichen Flutungen betroffenen Vereine. Am stärksten betroffen ist hier der SV Burkheim, dessen komplettes Sportgelände samt Vereinsheim verlegt werden muss.
„Viele Fachleute“, so gab Schweizer zu bedenken, „zweifeln daran, ob überhaupt eine Auenlandschaft entsteht.“ Dies liegt nicht zuletzt daran, dass an einer dauerhaft ausreichenden Wassermenge ebenfalls erhebliche Zweifel bestehen.
Für einen natürlichen Wandel der Landschaft durch Fließpolder und gegen den Querdamm sprach sich auch in aller Deutlichkeit BI- Vorsitzender Lothar Neumann aus. Neun Schluten, so Neumann, könnten geöffnet und an das bestehende System angeschlossen werden. Flächenhafte Flutungen hingegen hätten eine Verschlammung der wertvollen Fließgewässer zur Folge.
 
Der Aspekt Natur
Als „Totalkapitulation des Naturschutzes“ betrachtet Nikolaus Geiler von „Regiowasser“ den Verzicht auf die flächigen Flutungen. Die Naturschützer, so Geiler, hätten bereits im Jahr 1999 deutlich zurückstecken müssen, als die noch in den 80er Jahren im IRP vorgesehenen „ökologischen Ausgleichsmaßnahmen“ in Form der geplanten Auenwälder deutlich zurückgenommen wurden. Sowohl Anliegerproteste als auch die Wasserhoheit Frankreichs hatten den Ausschlag zu der massiven „Eindampfung“ gegeben.
Es war immer Ziel des IRP, betonte auch Dr. Frank Baum, die mit der Rheinbegradigung verlorenen Auenlandschaften zumindest zum Teil wieder herzustellen. Diese Maßnahme gelte sowohl der Erhaltung der Biodiversität als auch der Renaturierung der ursprünglichen Lebensgemeinschaften. Den Flutungen, so Baum, würden lediglich „untypische Arten“ zum Opfer fallen. Die Naturnähe wird durch die Flutungen vergrößert. Auch Dr. Jörg Lange war nicht der Meinung, dass der Mensch vergessen würde. „Der Mensch hat schon sehr viel Raum eingenommen. Wir sollten uns als Mensch in der Natur etwas zurücknehmen“, forderte der Wasserlandschaftsspezialist.
Die Wiederherstellung des in Deutschland selten gewordenen Biotops Auenwald steht also fraglos im Fordergrund bei den Vertretern der Naturschutzverbände.
„Wir wollen die ökologischen Flutungen nicht. Wir wollen unseren Wald, weil wir in ihm spazieren gehen“, fasste Bürgermeister Oliver Rein ganz plastisch die Anliegen der Menschen in der Region zusammen.
 
Quadratur des Kreises
Während die Bürgermeister und die Bürgerinitiativler zwar für Hochwasserschutz sind aber auf eine „natürliche Umbausituation mit Teilhabe der Menschen“ (Schweizer) setzen, sehen die Naturschützer „in den Flutungen kein Risiko“ (Baum).
Die Forderung nach Flächenhaften, zielgerichtet geplanten Flutungen seitens der Umweltschützer steht dem Wunsch nach einer verträglichen Schlutenlösung mit Fließpoldern und natürlichen Flutungen also bis auf weiteres unversöhnlich gegenüber.
Wie und ob diese sehr konträren Positionen zusammen gebracht werden können, bleibt auch nach Wiederaufnahme des Gesprächsfadens fraglich. Weitere Treffen in kürzeren Abständen wurden jedoch von beiden Seiten in Aussicht gestellt.

Ob ein wissenschaftlich sicher sinnvoller aber künstlich erzwungener „Rausschmiss“ des Menschen aus der ihn umgebenden und ihm lieb gewordenen Natur allerdings zu mehr Naturverständnis beim durchschnittlichen Nichtwissenschaftler (m/w) führt, darf bezweifelt werden.

Autor:  Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Artikel-Nr. 4460 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 27.05.2011 12:47.

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